AUDITORIX: AKTUELLES

Mix it!

Beruf: Toningenieur

Bild: c/o Pänz 2014

Beats basteln, Musik mixen und Hörspiele mit Geräuschen unterlegen: Die Technik macht es möglich. Gerade „selbstgemachte“ Produktionen bieten ein besonderes Hörerlebnis. Es gibt hierfür bereits viele Apps, die auch schon von Kindern sehr leicht bedient werden können. Mehr Infos zum Thema „Tontechnik“ bietet natürlich AUDITORIX. Im Interview gibt Jürgen Glosemeyer als professioneller Tonmeister beim WDR wertvolle Tipps für junge Soundtüfteler.  

Warum sind Sie Tonmeister geworden?
Wegen meiner großen Liebe zur Musik und wegen des kreativen Umgangs mit Technik und der Arbeit im Team mit Menschen.

Wie sieht Ihr Arbeitsalltag aus?
Mein Arbeitsalltag besteht aus den Aufnahmen für Hörspiele sowie der Mischung der einzelnen Aufnahmen bis zur Fertigstellung des Hörspiels. Die Aufnahmen machen wir mit Schauspielern in unseren Hörspielstudios oder an Originalschauplätzen außerhalb des WDR. Außerdem werden Geräuschaufnahmen oder Musikaufnahmen mit Musikern gemacht. Alle Aufnahmen werden im Computer so „angelegt“, dass ich sie mischen kann. Im Anschluss werden Archivarbeiten und Sendevorbereitung gemacht. Wenn das Hörspiel veröffentlicht und nicht nur gesendet werden soll, wird noch eine Verlagsfassung für die Produktion von CDs erstellt.

Wie lange braucht es ungefähr, um ein circa halbstündiges Hörspiel für Kinder zu produzieren?
Die Aufnahmen mit den Schauspielern dauern für ein Hörspiel ungefähr 3 Tage, für die Mischung werden je nach Aufwand, also wie viele Geräusche oder Musiken verwendet werden, circa 5 Tage benötigt. Das sind allerdings nur Richtwerte. Die Faktoren wie Verfügbarkeit der Schauspieler, evtl. Aufnahmen für die Musik oder komplexe Geräuschaufnahmen können den Zeitplan durchaus verlängern. In der Regel werden für ein Hörspiel von circa 50 Minuten 10 Produktionstage angesetzt. Für große, mehrteilige Hörspiele kann die Aufnahmezeit aber auch mal zwei Wochen und die Montage/Mischung mehrere Monate dauern.

Welche „Begabung“ muss man mitbringen, um erfolgreich Hörspiele oder auch Musik zu produzieren?
Um erfolgreich Hörspiele und Musik zu produzieren, sollte man musikalisch sein; für die Ausübung des Tonmeister-Berufes auch ein Instrument gut beherrschen. Musiker und Dirigenten merken sehr schnell, ob man sich der musikalischen Sprache bedienen kann oder nicht. Freude an der Arbeit mit Menschen, psychologisches Geschick im Erfassen von Situationen während der Aufnahmen ist sehr wichtig, schließlich möchte man mit den Musikern oder Schauspielern das bestmögliche Ergebnis erzielen und da können Kleinigkeiten die Arbeitsatmosphäre sehr beeinflussen. Neugier und ein gewisses technisches Geschick im Umgang mit der teilweise komplizierten Studiotechnik und Computern sind Voraussetzung, um im Studio gute Ergebnisse zu erzielen. Die Technik ist Mittel zum Zweck, ähnlich wie man beim Autofahren auch nicht mehr über die Bedienung des Autos nachdenkt, sondern sich auf den Verkehr konzentriert.

Was kann man alles mit dem Mischpult an einer Aufnahme verändern?
Mit den heute üblichen, digitalen Mischpulten und Computern kann man die Aufnahmen in allen nur denkbaren Parametern verändern. Man kann die Sprache schneller oder langsamer abspielen, höher oder tiefer machen, nach links oder rechts, vorne oder hinten legen, man kann aus Frauenstimmen Männerstimmen machen, kann die Aufnahmen an jeden beliebigen Ort versetzen (z.B. Kirchen, Höhlen oder Telefone) und vieles mehr.

Klangerzeuger und Klangbearbeitungswerkzeuge: Hört man heute eigentlich noch einen Unterschied zwischen digitalen und analogen Sounds?
Digitale Klangerzeuger sind heute häufig so gut, dass sie total realistisch klingen. Das gilt vor allem für Musikinstrumente. So wird heute schon sehr viel Musik produziert, wo die Instrumente alle mit dem Computer erzeugt werden, ohne es zu hören. Auch Stimmen kann man inzwischen schon recht gut künstlich erzeugen, da gibt es allerdings noch Luft nach oben. Geräusche verwenden wir zum Teil aus unserem digitalen Geräuscharchiv, zum Teil nehmen wir sie auch selbst auf (bei aufwändigen Produktionen auch mit einem Geräuschemacher). Im Archiv selbst befinden sich natürlich auch noch viele ältere und analog aufgenommene Geräusche, was man auch hören kann (z.B. weil es mehr rauscht). Die Klangbearbeitungswerkzeuge, die wir benutzen, sind zum größten Teil digitale Geräte oder sogenannte Plug-Ins im Computer. Sie haben heute eine ausgezeichnete Qualität und können analoge Geräte perfekt nachbilden.

Was ist Ihres Erachtens das Besondere an einem Hörspiel (im Unterschied zum Hörbuch z.B.)?
Bei einem Hörbuch wird der Text von einer Person vorgelesen, bei einem Hörspiel wird der Text gespielt, das heißt, jede Rolle hat einen anderen Sprecher oder eine andere Sprecherin, mit Musiken und Geräuschen wird die Szene wie im Film „bebildert“, nur dass das Bild im Kopf der ZuhörerInnen entsteht. Hörspiel ist Kino für das Ohr. Viele Hobby-Musiker bauen sich zu Hause ihr eigenes kleines Tonstudio.

Was gehört zu der Basis-Ausrüstung eines Tonstudios?
Für ein kleines Tonstudio braucht man mindestens ein Mikrofon, ein kleines Mischpult, einen Computer mit der entsprechenden Software und natürlich Lautsprecher oder einen Kopfhörer.

Welche Produktion ist Ihnen besonders in Erinnerung geblieben? Warum?
Eine besonders schöne Produktion von mir war die Produktion der „Unendlichen Geschichte“ in sechs Teilen. Dieses Hörspiel wurde sehr aufwändig mit allen für die Hörspielproduktion möglichen Mittel realisiert. Es wurden Musikaufnahmen mit dem Sinfonieorchester des WDR in der Philharmonie gemacht, über 50 SchauspielerInnen waren beteiligt, es wurde Musik mit Synthesizern produziert, ein aufwändiges Sounddesign erstellt, sehr viele Geräuschaufnahmen (z.B. auf alten Dachböden) auch mit Geräuschemachern gemacht und dann alles in mehreren Monaten Arbeit zu einem sehr schönen Hörspiel gestaltet, welches einen in die Fantasiewelt von „Fantasien“ eintauchen lässt. Eine Besonderheit bei diesem Hörspiel ist auch, dass es zusätzlich eine Mehrkanal-Fassung in 5.1 Surround-Ton gibt, welche die HörerInnen durch den Raumklang wie im Kino besonders eindrucksvoll in das Geschehen eintauchen lässt.


Jürgen Glosemeyer ist Tonmeister beim WDR (Bildnachweis: privat)