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„HANDYS RAUS, GRUPPENARBEIT!“

Das "Bring Your Own Device"-Prinzip

Bild: Internet-ABC/Völkner/Fox

Der Umgang mit digitalen Medien gehört zum Alltag von Schülern. Sie bearbeiten Bilder am Computer und verwalten Musik auf ihren Smartphones. Auch die Bausteine eines Hörspiels werden mit moderner Technik aufgezeichnet, bearbeitet und zusammengesetzt. Warum sollten sich Lehrkräfte die Begeisterung ihrer Schüler für die „Arbeit“ mit mobilen Endgeräten nicht also auch im Schulunterricht zu Nutze machen? Mancherorts gibt es immer noch ein striktes Handy-Verbot, in anderen Schulen werden die mobilen Endgeräte der Jugendlichen bereits gerne im Unterricht eingesetzt. „Bring your own device!“ (BYOD), also „Bring Dein eigenes Gerät mit!“, heißt es hier. Ein Konzept, das auch Birgit Giering von der Medienberatung NRW befürwortet.

„Das sogenannte „Bring Your Own Device“-Konzept sieht vor, dass Schülerinnen und Schüler die Erlaubnis erhalten, die Geräte, die sie ja in der Regel sowieso dabei haben, auch im Unterricht nutzen zu dürfen“, sagt Birgit Giering. Dabei gehe es nicht darum, dass „alle 30 Schülerinnen und Schüler einer Klasse auch 30 und dazu noch gleichwertige technische Geräte“ mitbringen müssten. Vielmehr soll der Einsatz von digitalen Medien dazu beitragen, die Schul- und Unterrichtsentwicklung zu fördern. Hierfür kann BYOD ein ‚Motor‘ sein, glaubt Birgit Giering.

Funktioniert das BYOD-Prinzip auch ohne WLAN?

Doch wie sieht es mit den technischen und rechtlichen Rahmenbedingungen aus, die beim BYOD-Prinzip greifen müssen? „Vor allem WLAN wird häufig als absolute Grundvoraussetzung für die Umsetzung von BYOD angesehen. Allerdings, so Giering, benötige man für viele Aufgabenstellungen, die auf die Erstellung eines ‚Produkts‘ wie eines Erklärfilms oder eines Podcasts abzielen, nicht unbedingt einen (permanenten) WLAN-Zugang.“ Die Praxis jedoch zeigt, dass ein vorhandener Breitbandanschluss für den BYOD-Ansatz viele Vorteile mit sich bringt, z. B. für das Hochladen von Arbeitsergebnissen. Im Hinblick auf die rechtlichen Rahmenbedingungen reagiert Giering gelassen. Die Schule sollte sich zusammen mit Schülerinnen und Schülern, Lehrekräften und Eltern auf eine Nutzungsordnung verständigen. Alle sollten damit einverstanden sein, dass das eigene Tablet oder Netbook unter bestimmten pädagogischen Bedingungen im Unterricht benutzt werden dürfe.

Einige Schulen haben hierfür sogenannte Ampel-Zonen für die Mediennutzung eingerichtet. Sie soll dabei helfen, den Umgang mit Medien an der eigenen Schule transparent zu regeln. Die grüne Zone erlaubt das Einwählen in das WLAN und die Nutzung privater Geräte. In der gelben Zone gibt es bestimmte Einschränkungen, so dass das Handy beispielsweise nur genutzt werden darf, wenn die Lehrkraft es explizit erlaubt. Innerhalb der roten Zone ist kein WLAN verfügbar. Mit diesem Handlungsprinzip machen die entsprechenden Schulen bislang offensichtlich sehr gute Erfahrungen, so die Expertin.

Hemmschwellen bei Lehrkräften abbauen

Worin Birgit Giering durchaus eine Herausforderung sieht, ist, die Lehrkräfte zu ermutigen das BYOD-Prinzip bestmöglich für schulische Zwecke zu nutzen: „Technisch gesehen würde ich sagen, kann man mit allem leben. Was Unterrichtsentwicklung angeht, braucht man einfach Mut! Es ist doch toll, dass wir mittlerweile so weit sind, dass Schülerinnen und Schüler freiwillig ein Gerät in der Tasche haben, das dazu geeignet ist, den Unterricht zu befördern und das sie auch noch gerne nutzen“. Viele Lehrkräfte hätten allerdings ihrer Erfahrung nach eine Hemmschwelle, was die Umsetzung des BYOD-Prinzips in ihrem eigenen Unterricht betrifft. „Sie wissen einfach nicht so genau, was sie damit alles umsetzen können“. Hier brauche es entsprechend noch Aufklärungsarbeit, denn „die Möglichkeiten, die man durch BYOD hat, gehen definitiv über das pure ‚Recherchieren lassen‘ hinaus“.

Hier liegen auch die großen Chancen von BYOD. Durch die Nutzung von digitalen Medien könne die Schul- und Unterrichtsentwicklung in hohem Maße gefördert werden. Da die Schülerinnen und Schüler durch das BYOD-Prinzip ja sehr „produktorientiert“ arbeiten, stelle sich sehr schnell eine größere Selbstständigkeit der Schülerinnen und Schüler ein. Sie arbeiteten eigenverantwortlicher, was durch das Erstellen eigener Produkte z. B. Erklärfilmen noch verstärkt werde – besonders dann, wenn das eigene Produkt im Anschluss noch öffentlich präsentiert wird.

Im Unterricht Hörgeschichten erstellen

Auch das selbst gestaltete Hörspiel ist da keine Ausnahme. Ob in Sachkunde ein Wissenschaftler oder ein Tier fiktiv interviewt wird, im Musikunterricht eine Kinderoper umgesetzt, im Deutschunterricht ein Gedicht akustisch nachgespielt wird oder im Kunstunterricht ein Bild für jemanden, der blind ist, beschrieben werden soll: Hörgeschichten funktionieren für alle Themen!

BYOD in allen Unterrichtsfächern

Birgit Giering fügt hinzu: „Lernen ist immer auch ein sozialer Prozess. Wenn Schülerinnen und Schüler also Erklärvideos erstellen, dann kann man davon ausgehen, dass sie den Inhalt auch begriffen haben – andernfalls wären sie nicht in der Lage, diesen anderen zu erklären“. Gerade in Bezug auf Erklärvideos oder Podcasts höre Giering auch immer wieder von Lehrkräften, wie selbstkritisch die Schülerinnen und Schüler mit ihrem Produkt umgehen. „Diesen Effekt erzeugen nicht viele Methoden. Wir haben es meines Erachtens hier mit neuen Möglichkeiten zu tun, die riesige Chancen bieten, auf mehreren Ebenen positiv auf Schülerinnen und Schüler und deren Lernverhalten einzuwirken. Was uns langfristig vorschwebt, ist ein Unterricht mit Aufgabenformaten, die eben über das pure Googlen hinaus gehen – in welchem Unterrichtsfach auch immer, BYOD eignet sich für sämtliche Unterrichtsfächer. Sogar im Sportunterricht kann man BYOD einsetzen, indem man z. B. Bewegungsabläufe filmt und analysiert. Natürlich immer unter der Maßgabe, dass gerade bei Foto- und Videoaufnahmen die Bedingungen bezüglich der Verwendung und Weitergabe sowie Persönlichkeitsrechte vorab abgeklärt wurden.“

Medienberaterinnen und Medienberater unterstützen: 53 Kompetenzteams in NRW

Wer als Lehrkraft in Sachen BYOD aktiv werden oder sich über weitere Möglichkeiten informieren möchte, der findet in Nordrhein-Westfalen kompetente Unterstützung durch die sogenannten „Kompetenzteams“. Jede Stadt bzw. jede Kommune hat ein solches Team, das explizit für die Lehrerfortbildung zuständig ist – in NRW sind es bislang 53. An sie können sich Lehrkräfte wenden, wenn sie Fragen bezüglich der Nutzung digitaler Medien im Fachunterricht haben. Nähere Infos unter www.kompetenzteams.nrw.de

 
Birgit Giering ist pädagogische Mitarbeiterin bei der Medienberatung NRW. Sie ist am Standort Münster Teamleitung für die Bereiche Medienpass NRW, „Leben und Lernen mit Medien“ und Lern-IT. Vor ihrer Zeit bei der Medienberatung NRW war sie als Lehrerin für Englisch und Geschichte tätig (Bildnachweis: privat).