Sommerby ist ein kleiner Ort auf einer Landzunge am Zugang zur Ostsee. Hierhin werden Martha, Mikkel und der kleine Mats verfrachtet, weil ihre Mutter in New York einen Unfall hatte und vom Vater gepflegt wird. In Sommerby wohnt die Großmutter, die niemals vorher besucht wurde. Sie wohnt abseits des Dorfs in einer kleinen Kate und versorgt sich selbst, indem sie Marmelade und Gänsefleisch verkauft und einen Garten hat. Die Enkel kommen zunächst mit der schrulligen Alten schwer zurecht: Sie lobt nicht, sagt nicht Bitte und Danke, gibt keine Gutenachtküsse und baut darauf, dass auch 4-jährige auf sich aufpassen.
Langsam lernen die Kinder jedoch die Vorzüge der Freiheit und Schönheit der Natur kennen. Sie helfen der Oma, übernehmen Verantwortung sowohl für sich als auch für Tiere und freuen sich über Regen. Jeder Tag erscheint ihnen wie ein Abenteuer. Zwei lebensbedrohliche Situationen gibt es tatsächlich: Einmal geraten die Kinder in ein Gewitter auf dem Meer, einmal werden sie durch einen Eindringling mit einer Eisenstange bedroht. Denn im Hintergrund schwelt ein Konflikt, der sowohl das Verhältnis der Oma zu den Eltern als auch zu den anderen Dorfbewohnern betrifft. Die Großmutter könnte sehr viel Geld bekommen, wenn sie das Land, auf dem sie wohnt, verkaufen würde. Früher gab es ein Verkaufsangebot und auch aktuell. Aber die Oma lehnt ab. Ein skrupelloser Makler versucht, ihr Angst einzujagen. Er taucht immer wieder auf und zerstört nachts Gegenstände. Zum Glück können die Kinder ihn stellen und dank ihrer Handys überführen.
Mit „Sommerby“ gelingt es Kirsten Boie wieder einmal, eine spannende Geschichte zu erzählen, die gleichzeitig existentielle Fragen aufwirft. Nie gibt es darauf platte Antworten. En passent kommen literarische Aspekte zur Sprache, wenn z.B. Preußlers “Kleine Hexe” als Gutenachtgeschichte auftaucht oder wenn Selinkos “Désirée” für Martha interessant wird, die zudem die (digitale) Medienwelt immer kritischer sieht. Die Sprecherleistung von Julia Nachtmann ist bewundernswert. Sie verleiht den vielen unterschiedlichen Figuren eine eigene Stimme und hält die Spannung derart hoch, dass keine Langeweile aufkommt und diese mehrstündige Zeitgeist-Geschichte mit ihren zahlreichen Episoden zum reinen Hörgenuss wird.